Dank großartigem Engagements ehrenamtlicher Naturschützer und einer Bürgerinitiative, konnte die Trupbacher Heide zwischen Siegen und Freudenberg vor einem Schicksal als Gewerbegebiet bewahrt werden, nachdem die langjährige militärische Nutzung des Gebietes beendet wurde. Seit 1936 wurde das Gelände als Truppenübungsplatz genutzt, bis im Jahr 1994 die belgischen Streitkräfte abzogen. Anschließend war die Luftabwehr der Bundeswehr bis 2003 noch auf einem Teil der Fläche aktiv. Die wertvollen Biotopkomplexe aus Heiden und Magerrasen wurden schließlich als FFH-Gebiet ausgewiesen und als Naturschutzgebiet gesichert.
Nach einem zähen Prozess erfolgte im Jahr 2015 die Übertragung der Trupbacher Heide als Naturerbefläche von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) an die Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege (NRW-Stiftung). Das Nationale Naturerbe ist eine Initiative des Bundes, dank derer naturschutzfachlich wertvolle Flächen im Eigentum des Bundes – wie beispielsweise ehemals militärisch genutzte Gebiete – nicht privatisiert werden, sondern zur dauerhaften Sicherung unentgeltlich in die Hände des Naturschutzes gegeben werden.
Unmittelbar in 2015 hat die NRW-Stiftung die Betreuung der Offenlandflächen auf die Biologische Station Siegen-Wittgenstein und die Betreuung der Waldflächen auf den Bundesforst übertragen.
Begleitend wurde ein runder Tisch eingerichtet, an dem NRW-Stiftung, Biologische Station, Untere Naturschutzbehörde (UNB), NABU und Flächenbewirtschafter teilnehmen, um einen Informationsaustausch u.a. über anstehende Maßnahmen und Bestandsaufnahmen zu gewährleisten.
Für die Gebietsbetreuung der Nationalen Naturerbefläche Trupbacher Heide wurde an der Biologischen Station eine halbe Stelle eingerichtet, die seit August 2017 von Manuel Graf bekleidet wird.
Aufbauend auf den zahlreichen fundierten Kartierungen des Ehrenamtes erfolgten seither bereits Untersuchungen von Fledermäusen, Vögeln und Tagfaltern durch Manuel Graf. Dabei konnten erfreuliche neue Erkenntnisse zum Vorkommen und zur Bestandsentwicklung der naturschutzfachlich besonders wertvollen Arten festgestellt werden. So wurden durch die Erhebung der Fledermausfauna, insbesondere in den Waldhabitaten, mittels verschiedener Erfassungsmethoden bislang 10 Arten nachgewiesen.
Die Erfassung der wertgebenden Vogelarten erfolgt aufgrund der Größe des Gebietes sukzessive. Für die Offenlandarten wird ein jährliches Monitoring durchgeführt. Besonders hervorzuheben ist, dass sich die Anzahl der Heidelerche-Reviere stetig erhöht hat. Waren es ehemals etwa fünf Brutpaare, so konnten im Jahr 2018 acht und 2019 sogar zehn Reviere festgestellt werden.
In der Schmetterlingswelt zeigten sich bislang 35 Arten, von denen 12 in Nordrhein-Westfalen auf der Roten Liste stehen. (Detaillierte Ergebnisse s. u.)
Der in Nordrhein-Westfalen vom Aussterben bedrohte Wachtelweizen-Scheckenfalter ist auch auf der Trupbacher Heide zu Hause.
Foto: Manuel Graf
Zum dauerhaften Erhalt der Heidelandschaft mit ihren wertvollen Arten, die durch Übernutzung entstanden ist und durch die militärische Nutzung weiterhin offen und vegetationsarm gehalten wurde, sind heute teils radikal daherkommende Maßnahmen erforderlich. So rollte beispielsweise auch im Dezember 2019 schweres Gerät über die Trupbacher Heide. Zur Sanierung der Heidebestände wurde auf ca. 2.200 m² der Oberboden durch einen Bagger abgetragen. Diese Maßnahme ist angelehnt an die historische Heidenutzung mit Plaggenhieb und dient der Verjüngung von Heidebeständen, die sich auf den entstandenen Rohbodenflächen neu entwickeln können. Parallel dazu erfolgte eine selektive Entbuschung mittels einer leichten ferngesteuerten Spezialraupe auf ca. 7.400 m². Der Grünschnitt wurde anschließend verbrannt.
Darüber hinaus stehen ebenfalls ein Brandmanagement sowie das Mulchen mit Abtrag des Mulchgutes zur Sanierung vegetationsarmer Biotope im Maßnahmenportfolio.
Die wichtigste kontinuierliche Pflegemaßnahme besteht jedoch in der Beweidung des Gebietes, die auf Basis des Vertragsnaturschutzes erfolgt. Schafe und Ziegen „beißen hier für den Naturschutz ins Gras“ und auch an den Gehölzen und sorgen so für die Offenhaltung der Heide-, Magerrasen und Grünlandflächen.
Mit Bagger wurde eine Rohbodenfläche freigelegt,
die die typischen Arten der Heiden und Magerrasen
nun neu erobern können.
Die ferngesteuerte Raupe rückt den
Ginsterbeständen zu Leibe.
Fotos: Manuel Graf
Wurden auf den Offenlandflächen in der Vergangenheit mit großem Einsatz überwiegend mühsame manuelle Pflegearbeiten durch das Ehrenamt durchgeführt, ermöglicht die intensive Betreuung durch die Biologische Station mit verschiedenen Maßnahmenträgern (UNB, Naturpark Sauerland-Rothaargebirge) und Fördermittelgebern mittlerweile auch die Umsetzung aufwändigerer Maßnahmen mit der Beauftragung von Unternehmen.
Auch die zur Naturerbefläche gehörigen Waldbestände sollen gemäß entsprechender Naturschutzzielsetzungen entwickelt werden. So werden künftig ca. 10 ha als Niederwald genutzt. Der erste Einschlag erfolgte bereits 2019 und wird in den folgenden Jahren fortgesetzt. Die Durchführung dieser Maßnahme durch Brennholzwerber wird von der Biologischen Station und dem Bundesforst koordiniert. Nadelholzbestände werden sukzessive in standortheimische Laubwälder umgebaut.
Als attraktives Gebiet für Erholungssuchende kam es in der Vergangenheit leider immer wieder zu unterschiedlichsten Konflikten mit Naturschutzzielen. Beispielsweise stellen unangeleint herumlaufende Hunde ein Problem für die das Gebiet pflegende Schafherde dar. Weiterhin gefährdet jedwedes Betreten abseits der Wege seltene Tier- und Pflanzenarten, insbesondere die empfindlichen Bodenbrüter Heidelerche und Baumpieper. Da eine erfolgreiche Besucherlenkung faktisch nur durch eine Sensibilisierung der Erholungssuchenden zu erreichen ist, wurde ein Wegekonzept entwickelt, das seit September 2019 besteht. Um dieses attraktiv zu gestalten, werden aktuell ergänzend Hinweistafeln und Thementafeln von der Biologischen Station und der NRW-Stiftung erstellt und ein Rundwanderweg konzipiert.
Interessierte können die Trupbacher Heide und ihre Naturschätze regelmäßig auch unter fachkundiger Führung erleben und entdecken. Die angebotenen Exkursionen für 2020 sind in den Terminen des NABU sowie dem Veranstaltungsprogramm der Biologischen Station zu finden.
Julia Schneider
2020
Fledermäuse
Erfassung durch akustisches Monitoring, Netzfang, Telemetrie, Erfassung der Habitatqualität, Kontrolle von Fledermauskästen
- bislang 10 Arten
- durch Netzfänge: Mausohr, Fransen-, Bechstein-, Kleine Bart- und Zwergfledermaus, Braunes
Langohr,
Großer Abendsegler, Wasserfledermaus
- akustisch: Kleinabendsegler, Verdacht auf Mopsfledermaus
- Reproduktionsnachweise vom Braunen Langohr, Mausohr und Zwergfledermaus
- 1 Wochenstubenkolonie des Braunen Langohres
- Weiterhin konnten Funktionsbeziehungen durch telemetrierte Weibchen mit der umgebenden
Landschaft
erbracht werden.
Vögel
sukzessive Erfassung wertgebender Arten, jährliches Monitoring der Offenlandarten, sukzessive Erfassung von Horst- und Höhlenbäumen
- wertgebende Arten: Heidelerche, Baumpieper, Goldammer, Neuntöter, Grün-, Klein-, Mittel- und Schwarzspecht
- Anzahl der Reviere: Heidelerche 2018: 8, 2019: 10, Baumpieper 25, Goldammer 25, Kleinspecht 3, Grünspecht
mind. 3, Waldkauz 1
- einmaliger Nachweis Sperlingskauz
Tagfalter
Erfassung durch Transekte, die Wald- und Offenlandhabitate umfassen
- 35 Arten
- davon 12 Arten der Roten Liste: Großer Fuchs, Großer Eisvogel, Kleiner Eisvogel, Wachtelweizen-Scheckenfalter,
Mauerfuchs, Schillerfalter, Dukatenfalter, Mädesüß-Perlmuttfalter, Schwalbenschwanz, Argus-Bläuling und
Brauner Feuerfalter