Die Wahl des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern (LBV) fiel diesmal auf den Habicht (Accipiter gentilis). Nach dem Grünspecht, Vogel des Jahres 2014, folgt damit ein Greifvogel, der wie viele andere seiner Verwandten immer noch der illegalen Verfolgung ausgesetzt ist.
Foto: M. Varesvuo, NABU
Der 50 bis 60 cm große Habicht ist ein kräftiger Greifvogel. Sein Körperbau mit kurzen gerundeten Flügeln und einem relativ langen Schwanz ist gut an schnelle Sprints in unübersichtlichem Gelände angepasst. Wie bei den meisten Greifvögeln sind weibliche Tiere mit durchschnittlich 60 cm größer und schwerer als die Männchen mit etwa 53 cm Körpergröße. Die Oberseite ist grau, die Unterseite der Flügel, Brust und Bauch sind weiß mit schmalen dunklen Querstreifen, eine Zeichnung die man nach dem Sperber, dem kleinen Vetter des Habichts, auch „Sperberung“ nennt. Typisch sind der helle Überaugenstreif und die gelb bis orange gefärbte Iris.
Habichtbeobachtungen sind zumeist vom Zufall abhängig und betreffen fast immer überfliegende Vögel. Dabei sollte man sich vergewissern, ob es sich wirklich um einen Habicht und keinen Sperber handelt. Beide Arten ähneln sich und zeigen einen auffallenden Geschlechtsdimorphismus. Während „Rothabichte“ mir ihrer gestrichelten Unterseite unverkennbar sind und am ehesten mit einem Mäuse- oder Wespenbussard verwechselt werden können, ist es bei den Altvögeln komplizierter. Habicht- und Sperbermännchen sind erheblich kleiner als ihre Weibchen. Sie versorgen die heranwachsenden Jungvögel mit Beute. Da ist Wendigkeit im Geäst gefragt. Kleine Habichtsmännchen sind manchmal nicht viel größer als kräftige Sperberweibchen. Im Alterskleid sind sie für Unkundige kaum unterscheidbar. Die charakteristische rötliche Iris adulter Habichte ist nur aus der Nähe zu sehen.
Foto: W. Lorenz, NABU
Obwohl die Jagd auf den Habicht seit den 1970er Jahren verboten ist, finden illegaler Abschuss, Vergiftung und Fang von Habichten nach wie vor statt. Einzelne Jäger sehen den Habicht als Konkurrenten bei der Jagd auf Hasen und Fasane, Geflügel- und Taubenzüchter als Gefahr für ihre Haustiere. Gelegentlich erbeuten Habichte tatsächlich Haushuhn oder Brieftaube, hauptsächlich ernähren sie sich jedoch von wilden Ringel- und Stadttauben sowie von Krähen, die vor allem in Städten zahlreich vorkommen. In vielen Gegenden wird daher aus dem scheuen Waldvogel ein Nachbar in städtischen Parks und Friedhöfen. Nach aktuellen Erfassungen leben in Deutschland 11 500 bis 16 500 Brutpaare. Eine der höchsten Siedlungsdichten von Habichten weltweit hat die Hauptstadt Berlin mit etwa 100 Brutpaaren. Derzeit sind die Bestände in Deutschland zwar nicht flächendeckend gefährdet, allerdings verschwindet der Habicht aus manchen Gebieten oder ist dort unerklärlich selten.
Hierzu folgendes Beispiel: Auf der seit Jahrzehnten untersuchten Probefläche TK25 5013/4 (Kreuztal) ging der Bestand des Habichts von 4 Brutpaaren im Jahr 1990 sukzessiv zurück auf 0 (2014), obwohl sich der Lebensraum kaum oder das Beuteangebot nicht verändert haben.
„Illegale Greifverfolgung ist kein Kavaliersdelikt“, so die Verbände. NABU und LBV fordern, dass entsprechende Straftaten systematisch erfasst, aufgeklärt und angemessen geahndet werden.
Dafür müssen speziell geschulte Einheiten und Koordinationsstellen bei der Polizei und den Naturschutzbehörden der Länder in allen Bundesländern eingerichtet werden. Als Vorbild ist hier die Stabsstelle zur Bekämpfung von Umweltkriminalität in Nordrhein-Westfalen zu nennen. Seit 2005 widmet sie sich unter anderem der Eindämmung illegaler Greifvogelverfolgung. Die im Umweltministerium angesiedelte Einrichtung arbeitet intensiv mit den Polizeibehörden zusammen, um eine konsequente Strafverfolgung zu ermöglichen.
Während wir uns bereits seit Anfang der 1970er Jahre innerhalb unseres neu gegründeten NABU-Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein um Bestandserfassung und Schutz der Greifvögel bemühten und auch etliche Gesetzesverstöße (v.a. Aushorstung von Junghabichten durch Falkner) zur Anzeige brachten, war dies den Justizbehörden eher lästig und so wurden die meisten Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Dies scheint sich mittlerweile geändert zu haben, denn immerhin verhängte das Amtsgericht Siegen im Juli 2009 wegen des Aufstellens einer selbst gebastelten Habichtfalle gegen einen Hühnerzüchter aus dem Raum Wilnsdorf einen Strafbefehl in Höhe von 600 EUR.
Um die Nachstellungen gegenüber Greifvögeln, vor allem dem Habicht, zu unterbinden, wurde im Jahre 2005 die sogenannte Düsseldorfer Erklärung, die sich gegen illegale Greifvogelverfolgung ausspricht, sowohl von Seiten der Naturschutzverbände als auch vom Landesjagdverband und dem Land NRW unterzeichnet. Gerade dem Habicht sollte dies zugute kommen. Trotzdem wurden – dokumentiert durch das Komitee gegen den Vogelmord e.V. - von 2005 bis 2013 allein in NRW 74 (!) durch Abschuss, Fang oder Vergiftung umgekommene Habichte gefunden, was sicherlich nur einem Bruchteil der tatsächlichen Tötungen entspricht. Oft geschieht dies über Habichtfangkörbe an Taubenschlägen oder zu Greifvogelfallen umfunktionierte Krähenmassenfallen.
NABU und LBV sprechen sich dafür aus, neben der Benutzung auch den bislang erlaubten Verkauf von Habichtfangkörben zu verbieten. In der Umgebung von Greifvogelnestern müssten Horstschutzzonen eingerichtet werden, in denen Forstwirtschaft und Jagd vor allem während der Brutzeit zwischen März und Juni ruhen sollten, so wie dies in einigen Bundesländern bereits gesetzlich vorgesehen ist. Das Aushorsten von jungen Habichten in freier Natur für die Falknerei sollte nicht mehr zugelassen werden.
Eine neue Einflussgröße für den Habichtbestand zumindest in NRW könnte zukünftig die Wiederbesiedlung der Landschaft durch den Uhu darstellen. So gibt es bereits plausible Hinweise aus dem Bereich des Teutoburger Waldes, dass Uhus Habichte aus langjährig besetzten Revieren verdrängen. Welche Auswirkungen die Zunahme des Uhus letztendlich für die Gesamtdichte des Habichts haben wird, muss abgewartet werden.
NABU und LBV haben als Signal gegen die illegale Greifvogelverfolgung gemeinsam mit dem Komitee gegen den Vogelmord eine bundesweite Meldeaktion gestartet. Aktuell aufgestellte Fallen,vergiftete oder angeschossene Greifvögel können unter der Telefonhotline 030/284984-15555 gemeldet werden. Unter dieser Nummer bieten Experten Hilfe beim Erkennen, Dokumentieren und Anzeigen illegaler Aktivitäten. Darüber hinaus werden auch zurückliegende Fälle illegaler Greifvogelverfolgung erfasst, zu melden unter www.nabu.de/verfolgung-melden. Weitere Infos sowie eine Informationsbroschüre zum Habicht finden sich unter www.nabu.de.
Klaus Schreiber, Frühjahr 2015