Im Märchen vom Rhein und vom Müller Radlauf nimmt es kein gutes Ende mit dem Star, endet er doch auf dem Teller der Prinzessin Ameleya.
Der Star (Sturnus vulgaris) gehört zu unseren bekanntesten Vögeln. Sein für menschliche Ohren schöner Gesang und sein Talent Geräusche und Tierstimmen zu imitieren machten ihn über Jahrhunderte zum beliebten Haustier. Wo heute Nachzuchten bunter Exoten in Käfigen sitzen, fristeten früher heimische Vögel ihr Dasein zur Unterhaltung der Menschen. Und dass sie nach wie vor in einigen europäischen Ländern auf der Speisekarte stehen, ist auch kein Geheimnis - somit hat auch dieses Märchen einen durchaus realen Kern.
Und heute? Die Winterzählung des NABU Anfang Januar dieses Jahres zeigte den Star - obwohl zumeist Zugvogel - auf dem 11. Platz der häufigsten Gäste am Futterhäuschen.
Doch seine Präsenz im Alltag täuscht, denn der Staren-Bestand nimmt ab. Zwei Millionen weniger Starenpaare wurden allein in Deutschland in nur zwei Jahrzehnten gezählt. War in früheren Jahrhunderten aufgrund der großen Schwärme an Staren der Bestand trotz fangen nie bedroht, wird ihm unsere moderne Welt zum Verhängnis: Stare benötigen Baumhöhlen zum Brüten und Nahrungsflächen mit kurzer Vegetation, wo sie Würmer und Insekten finden.
Foto: NABU / Georg Dorff
Es fehlt an genügend Lebensraum und Brutplätzen um die Population stabil zu halten und in ihren Überwinterungsgebieten werden Stare immer noch gefangen und geschossen. Hauptgefahren für den Jahresvogel sind jedoch das Schwinden seiner Nahrungsflächen und der Verlust seiner Brutplätze - insbesondere durch die intensive Landwirtschaft.
„Hoher Einsatz von Pestiziden, großflächige Monokulturen mit Raps, Winterweizen und Mais und die weitere Intensivierung der Landwirtschaft sind eine Ursache für den Rückgang des Stars“, erklärte Klaus Lieder, Sprecher des Landesfach-ausschusses für Ornithologie im NABU Thüringen anlässlich der Wahl des Stars zum Vogel des Jahres 2018. Auch die zunehmende Haltung von Nutztieren in hochmodernen Ställen hat direkte Auswirkungen, denn wo kein Mist mehr liegt der Insekten anlockt finden Stare nur noch wenig Nahrung.
Die Vernichtung von Bruthöhlen in Gebäuden durch Sanierung am Bau, Feuerwerk, der Einsatz von Drohnen und immer weniger Starenkästen in Gärten sind als weitere Faktoren zu nennen. Außerdem wird der gesellige und muntere Vogel auch oft als Störenfried empfunden - wo eine Schar Stare sich niederlässt wird es schon einmal laut und ihre Vorliebe für Obst und Beeren in den Sommermonaten lässt nicht jeden Gartenbesitzer jubeln. In der aktuellen deutschlandweiten Roten Liste ist der Star mittlerweile von „ungefährdet“ (RL 2007) auf „gefährdet“ (RL 2015) hochgestuft worden, ohne auf der Vorwarnliste zu stehen.
Foto: Zdenek Tunka
Der Star ist rund 20 Zentimeter lang. Sein Schnabel ist lang und kräftig. Verwechslungsgefahr besteht bei einem flüchtigen Blick höchstens mit einem Amselmännchen, denn beide sind schwarz. Doch schnell fallen neben der geringeren Größe des Stars weitere Unterschiede auf: Das Gefieder der Amsel glänzt nicht und hat keine Flecken. Dazu ist ihr Schwanz deutlich länger. Das häufig erwähnte Unterscheidungsmerkmal, die Amsel bewege sich am Boden hüpfend und der Star laufend fort, stimmt nur bedingt. Zwar läuft der Star ausschließlich, die Amsel jedoch manchmal auch.
Einige Stare sind monogam, also nur mit einem Weibchen verpaart. Andere hingegen haben mehrere Vogeldamen gleich-zeitig. Da Stare oft zweimal im Jahr brüten, nutzen viele die Gelegenheit nach der ersten Brut den Partner zu wechseln. Nach der Paarung bleibt das Männchen dicht beim Weibchen, damit sie sich nicht etwa mit einem Konkurrenten paart.
Nachdem der Star im März seine Nisthöhle bezogen hat, brütet das Weibchen ab Anfang April allein. Aus vier bis sechs weißlich bis hellblau-grünen Eiern schlüpfen nach 12 bis 13 Tagen die Jungen. Wie alle Singvögel sind Starenküken Nesthocker und werden solange durch die Eltern versorgt bis sie Flügge sind. Ende Juli ist die Brutzeit beim Star vorbei.
Dass der Vogel tatsächlich ein „Star“ in der Vogelwelt ist wird jeder Vogelfreund sofort bestätigen: Seine Schwarmflüge im Herbst sind ein einzigartiges Naturschauspiel. Im Frühjahr sticht das Starenmännchen durch sein metallisch glänzendes Gefieder heraus. Helle Punkte verzieren vor allem das Prachtkleid des Weibchens. Im Spätsommer nach der Mauser enden die dunkelbraunen Federn der Jungtiere in einer weißen Spitze, einem Perlmuster ähnlich.
Zum Gesamtpaket dazu kommt sein Talent der Imitation: Auch Handyklingeltöne, Hundebellen oder Alarmanlagen kann der Star geschickt nachahmen. Wolfgang Amadeus Mozart hielt drei Jahre lang einen Star als Haustier. Schon bald konnte der gelehrige Vogel das Rondothema aus dem Klavierkonzert Nr. 17 in G-Dur nachpfeifen.
Mitteleuropäische Stare ziehen zum Großteil bis in den südlichen Mittelmeerraum und nach Nordafrika. Die maximale Zugstrecke liegt bei 2000 Kilometern. Manche Stare verzichten aber auch auf lange Reisen und überwintern vor allem im Südwesten Deutschlands. So kann es durchaus vorkommen, dass man auch in unserer Region am Futterhäuschen im Winter einen Star beobachten kann.
Stare haben sich mittlerweile auch gut an das Leben in der Stadt angepasst. Stellt man ihnen geeignete Brutmöglichkeiten zur Verfügung kommen sie in Gärten, Parks und auf Friedhöfen sehr gut zurecht und finden dort auch genügend Nahrung.
Wer den Staren helfen möchte kann dies ganz einfach tun, indem man ein paar Starenkästen im Garten aufhängt - mehrere sind besser, da Stare sehr gesellige Tiere sind. Aber auch jeder einzelne Lebensmittelkonsument kann bestimmen, wie vielfältig unsere Kulturlandschaft aussieht. Eine strukturbereichernde und ökologische Landwirtschaft mit artgerechter Tierhaltung hilft dem Star und vielen anderen Vögeln.
Monika Münker
2018