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Zum Tod von Albrecht Belz

Vor Kurzem erhielten wir die Nachricht, dass unser Gründungsmitglied, langjähriger Vorsitzender und langjähriges Vorstandsmitglied Albrecht Belz im Alter von 75 Jahren verstorben ist.

Nach seinem Lehramtstudium in Bonn zog es Albrecht Belz wieder nach Erndtebrück, damals noch Kreis Wittgenstein. Mit dem Ländchen blieb er immer eng verbunden, auch wenn sein Engagement im Naturschutz sich später natürlich auch auf das heutige Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein ausdehnte.

 

In Erndtebrück lehrte er an der Realschule die Fächer Biologie, Chemie und Englisch und als Lehrer lernte ich Albrecht kennen, als ich Anfang der siebziger Jahre die Realschule besuchte. Er war, auf jeden Fall aus der Sicht seiner Schüler, ein begnadeter Pädagoge. Sein Unterricht war niemals langweilig und er verstand es uns zu begeistern ohne sich anzubiedern. Er strahlte ganz einfach eine natürliche menschliche, wie fachliche Kompetenz aus. Möglicherweise auch sehr zum Leidwesen eher konservativer Lehrkörper beschritt er zur Gestaltung des Unterrichts oftmals auch unkonventionelle Wege. Den Songtext „Eve Of Destruction“ von Barry McGuire im Englisch-Unterricht zu verwenden, hat uns damals jedenfalls mehr motiviert als die schulamtlichen Textbooks.

 

In genau diese Zeit fiel auch die Gründung der ersten Ortsgruppe des Deutscher Bund für Vogelschutz im Kreisgebiet. Es gab damals bereits Menschen, die sich im DBV engagierten, aber eben  noch keine Orts- oder gar Kreisgruppe. Einige Schüler hatten die Idee dazu und Albrecht Belz erklärte sich bereit, den Vorsitz zu übernehmen, da man ja als Schüler noch nicht geschäftsfähig war. Damit war auch für Albrecht Belz der Grundstein für seine Laufbahn als Naturschützer gelegt. Viel später eröffnete er mir mal, dass es eigentlich reiner Zufall war, das er auf der „richtigen Seite“ gelandet sei, es hätte auch umgekehrt kommen können. Das war aber glücklicherweise nicht der Fall und es gab seinerzeit ja auch reichlich zu tun in Sachen Natur- und Umweltschutz. Nicht, dass sich das in all den Jahren grundlegend gebessert hätte, aber damals gab es in erster Linie einen konservierenden Naturschutzgedanken und die heute selbstverständlichen Sichtweisen und Standards mussten sich ja erst in den Folgejahren mühsam entwickeln. Der Schwerpunkt lag in den Anfangsjahren jedenfalls noch deutlich mehr in Aktivitäten. Naturschutz war ziemlich gleichbedeutend mit draußen sein und Gestalten. Albrecht Belz war hier der Motor. Egal ob naturkundliche Exkursionen, Graben von Tümpeln selbst in den entlegenen Tälern Wittgensteins, Gewölleuntersuchungen, Öffnen verschütteter Erzstollen, Pflege von Naturschutzobjekten usw., Albrecht bereitete alles vor, organisierte, verhandelte mit Grundeigentümern und motivierte seine Helfer. Da diese anfangs in den wenigsten Fällen über Führerschein oder gar eigenes Auto verfügten, wurde das Belz´sche Familienauto oft extrem beansprucht. Glücklicherweise war seine Ehefrau Roswitha genau so begeistert und engagiert.

 

Leider nahm in den Folgejahren in der aktiven Naturschutzarbeit die administrative Vereinsarbeit (der DBV wurde zum NABU und aus der Ortsgruppe Erndtebrück wurde die Regionalgruppe Wittgenstein) zu. Bevor dann offiziell der NABU Kreisverband Siegen-Wittgenstein ins Leben gerufen werden konnte, gab es noch den BNV (Bund für Naturschutz- und Vogelkunde Siegen-Wittgenstein) als Vorläufer.

Gleichzeitig war der Erfolg der Naturschutzarbeit immer mehr abhängig von Grundlagenforschung, Datenerhebung und Stellungnahmen der Naturschutzverbände zu Planungen von Eingriffen jeglicher Art in den Naturhaushalt. Albrecht Belz war viele Jahre Vorsitzender sowohl der Vorläufer- als auch des späteren NABU-Kreisverbands und auch wenn die Spitzenposition von anderen aktiven Vereinsmitgliedern ausgefüllt wurde, war er im Vorstand engagiert.

Parallel dazu hat Albrecht in all den Jahren sehr viele kompetente Stellungnahmen zu Landschaftseingriffen verfasst, die oftmals das Schlimmste verhindern konnten oder aber wenigstens zu minimalen Ausgleich beitrugen. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, neue Daten über Bestandsentwicklungen verschiedenster Tier- und Pflanzenarten im Kreisgebiet zu generieren. Ich erinnere hier nur an die Biotopkartierung in den achtziger Jahren und an die Bestandsaufnahmen in Fledermausquartieren, die der NABU im Auftrag der Landesanstalt für Ökologie, Landschaftsentwicklung und Forstplanung in großen Teilen des Kreisgebiets übernahm. Aber auch wenn Albrecht unterwegs war, hatte er fast immer Fernglas und Fotoapparat zur Hand und dokumentierte was er sah. Vieles davon hat er in wissenschaftlichen Abhandlungen und auch in regionalen Medien veröffentlicht. Als Beispiele seien hier nur die regelmäßigen Artikel in den Beiträgen zur Tier- und Pflanzenwelt des Kreises Siegen-Wittgenstein, die Beiträge in den Blättern des Wittgensteiner Heimatvereins oder auch als Co-Autor von Fachbüchern „Die Farn- und Blütenpflanzen Wittgensteins“ und „Die Vogelwelt Wittgensteins“, genannt. Für mich war immer wieder faszinierend, mit welcher umfangreichen Arten- und Formenkenntnis er unterwegs war. Egal ob Amphibien, Fledermäuse, Libellen, Vögel oder Pflanzen, wenn man mit Albrecht draußen war, konnte man immer dazu lernen. 2008 überraschte er noch als Co-Autor an einer Abhandlung über „Historischen Bergbau in Wittgenstein“.

 

Albrecht Belz war aber dabei kein stiller oder gar zurückgezogener Naturbeobachter, sondern er scheute nicht vor Konfrontationen mit Widersachern zurück. Er verstand sich als Anwalt der Natur und ließ sich auch von (oftmals) unsachlichen oder emotionalen Anfeindungen nicht abschrecken. Er konnte aber auch sowohl verbal, als auch schriftlich, ordentlich kontern. Legendär sind seine Leserbriefe, die er oft mit spitzer Feder schrieb und in denen er schonungslos mache Scheinheiligkeit offen legte.

 

Schon frühzeitig kam Albrecht Belz zu der Erkenntnis, dass sachlich-fachliche Argumentation nicht immer ausreicht, um bestimmte Naturschutz-Ziele zu erreichen. Er engagierte sich daher auch auf kommunaler und Kreisebene bei den Grünen und hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen, die Bedeutung des Naturschutzes als gesellschaftliches Anliegen zu unterstreichen. So wirkte er auch im Gemeinderat Erndtebrück, dem Kreistag Siegen-Wittgenstein und bei der Bezirksregierung in Arnsberg im Sinne des Naturschutzes.

 

Konsequent war Albrecht auch im Hinblick auf Umweltverträglichkeit. Das Auto war für ihn bloß ein Mittel zum Zweck. Er war zeitweilig Langstreckenläufer, viele hunderte Kilometer begleitet von seinem Sohn Ingmar, und begeisterter Fahrradfahrer. Leider hat seine Gesundheitsentwicklung in den letzten Jahren einen dramatischen Verlauf genommen, was auch erklärt, warum es sehr still um Albrecht geworden ist.

 

Einer der letzten Filmbeiträge des Fernseh-Journalisten und Naturschützers Horst Stern lautete „Die Ermüdete Wahrheit“. Vielleicht ist auch Albrecht Belz dieser Gedanke nicht fremd gewesen. Naturschutzarbeit ist nicht frei von Frustration, schon allein wegen der Problematik, wie man Naturschutz definiert. Wildnis oder Kulturlandschaft schützen, oder beides? Ab und zu gibt es Erfreuliches zu verzeichnen, aber leider auch immer wieder Rückschläge. Die „Betonpistenheinis“ (Zitat zugeschrieben dem früheren NRW-Landwirtschaftsminister Bäumer)  sterben eben nie aus.

 

 

Der NABU Kreisverband hat Albrecht Belz sehr, sehr viel zu verdanken. Er hat Naturschutz gelebt, hat viele von uns auf die „richtige“ Schiene gebracht und ich bin mit Sicherheit nicht der einzige, den die Weitergabe seines Wissens sogar in Ausbildung, Studium und späterem Beruf wertvolle Hilfe war.

 

Mit Albrecht Belz haben wir einen außergewöhnlichen Menschen und guten Freund verloren. Ein Nachruf auf Albrecht kann nicht unpersönlich verfasst werden und ich hoffe, dass ich vielen von uns NABU-Leuten mit diesen Zeilen gerecht geworden bin. Wer immer das Bedürfnis hat, etwas zu ergänzen oder auch Persönliches beizutragen, ist gerne eingeladen einen Beitrag für unsere NABU-Homepage www.nabu-siwi.de zu verfassen.

 

Wir trauern mit den Angehörigen um einen ganz besonderen Menschen und Freund.

 

Matthias Mennekes, NABU, Dezember 2017


Traueranzeige

 

Tief betroffen müssen wir Abschied nehmen von unserem Gründungsmitglied und langjährigen Vorsitzenden und Vorstandsmitglied

 

Albrecht Belz

 

              der nach langer, schwerer Krankheit erlöst wurde.

Albrecht Belz war Gründungsmitglied des damaligen BNV (Bund für Naturschutz und Vogelkunde) und langjähriger Vorsitzender und Vorstandsmitglied des NABU-Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein.

Sein Einsatz für die heimische Natur ging oft über das eigentlich ehrenamtlich machbare hinaus, oftmals auch zu Lasten seiner Familie.

Neben seinem Engagement im NABU veröffentlichte er zahlreiche, naturkundliche Publikationen, um eine größere Öffentlichkeit zu erreichen. Albrecht Belz versuchte die Wahrung der Natur, auch gegen starke Widerstände auf allen Ebenen, auch auf politischem Wege im Gemeinderat der Gemeinde Erndtebrück, im Kreistag Siegen-Wittgenstein und bei der Bezirksregierung Arnsberg durchzusetzen.

Sein Wirken wird uns immer Ansporn bleiben, die verbliebene Restnatur vor Eingriffen aller Art zu schützen.

 

Wir trauern mit den Angehörigen um einen ganz besonderen Menschen und Freund.

 

NABU-Kreisverband Siegen-Wittgenstein

Der Vorstand und Mitglieder                           

      

Siegen-Wittgenstein, im Januar 2018 


Erinnerungen an Albrecht Belz

 

Er war mein Lehrer. Ich habe die Realschule  Erndtebrück bis 1969 besucht. Albrecht Belz war Vollblutpädagoge, anders als andere Lehrer, er brannte für die Biologie, die Naturwissenschaften. Dieses  Feuer ist auf mich übergesprungen und lodert bis zum heutigen Tag.

 

Ich erinnere die Versuche mit Fruchtfliegen zur Vererbungslehre. Stundenlang habe ich die unterschiedliche Augenfarbe der Fruchtfliegen in den verschiedenen Proben dokumentiert. Handlungsorientierter Unterricht – Lernen mit Kopf, Herz und Hand – das war Unterricht bei Albrecht Belz.

 

Ich erinnere unsere Beobachtungen an der Hühnerschar in seinem häuslichen Garten an der Pulverwaldstraße. Hähne und Hennen trugen Namen. Auch hier gab es Fragestellungen, die uns Schüler zum stundenlangen Beobachten und zum Dokumentieren veranlasste.

 

Durch Albrecht Belz kam ich zur Ornithologie, lernte ich die heimischen Vogelarten kennen. Auch hier war es das Feuer, das übersprang – die Begeisterung für eine Sache, die vorher nicht oder wenig in meinem Blick war. Zunächst waren es Beobachtungen auf kleinen Wanderungen in Erndtebrück und Umgebung, später durfte ich Albrecht Belz bei längeren Exkursionen begleiten.  Kalte und feuchte Frühlings- und Herbsttage haben wir in einer Hütte an einem See im Westerwald verbracht. Hier ging es um die Erfassung von Zugvögeln, insbesondere der Limikolen. Nebenbei gab es eine unvergessliche Begegnung mit einem Waldkauz. Wir untersuchten in den Gewässern den Bestand an Flusskrebsen und bestimmten  zahlreiches Getier aus den Gewässern mit Lupe und Bestimmungsbuch. Unvergessliche Tage im Westerwald mit Albrecht Belz in freier Natur haben meine Begeisterung für die Biologie grundgelegt, so dass sie bis zum heutigen Tage ungebrochen ist.

 

Der Rauhfußkauz war eines der Lieblingstiere von Albrecht Belz. Mit Klangattrappe, Fernglas und Nisthilfen waren wir ihm oft auf seinen gefiederten Fersen. Mit seinem Auto fuhren wir an kalten Abenden im Frühling an vermutete Aufenthaltsorte und ließen den Ruf des Vogels vom Bandgerät erschallen. Mancher abendliche Spaziergänger war irritiert, Albrecht und ich waren begeistert. Das Projekt Rauhfußkauz lief allerdings in den damaligen Jahren wegen Mangel an beobachteten Tieren etwas schleppend. Jahrzehnte später habe ich ebenfalls an vielen kalten Frühlingsabenden in meiner niederrheinische Wahlheimat den Ruf des Steinkauzes vom Band erschallen lassen, um diesen Vogel in seinem Bestand zu kartieren, allerdings mit größerem zahlenmäßigen Erfolg. Oft musste ich dabei an meine Erlebnisse als Teenager mit Albrecht Belz denken.

 

Ich erinnere die Schüsseln, Eimer und sogar die heimische Badewanne in seinem Haus an der Pulverwaldstraße voll mit eingeweichtem Schleiereulengewölle. Von einem Brutplatz hatte er das Material beschafft – es waren einige Säcke voll. In tagelanger Arbeit mit Pinzette, Lupe und Bestimmungsbuch haben Albrecht, andere Begeisterte und ich die Gewölle untersucht. Die von den Eulen gefressenen Mäuse können leicht an den Schmelzschlingen ihrer Backenzähne bestimmt werden, allerdings mussten die Ober- und Unterkiefer halt aus der grauen Masse herausgepult  werden. Auch hier wieder war die wissenschaftliche Fragestellung der Antrieb: Welche Nagerarten kommen im Jagdgebiet der Schleiereulen an den betreffenden Standort vor? Alles wurde sorgfältig dokumentiert und schließlich in eine wissenschaftliche Veröffentlichung gepackt. Es war sogar die Haselmaus dabei.

 

Oder die Fotografie. Albrecht Belz hat gerne und viel fotografiert. Ich erinnere seine Freude, als er mir seine Neuerwerbung, eine Glasfaserlampe vorstellte, mit der gezielt kleine Objekte beleuchtet werden konnten  und hervorragende Makrofotos gelangen. Auch hier sprang bei mir das Feuer über. Ich fotografiere heute noch mit wachsender Begeisterung die Natur in meiner Umgebung und bin technischen Neuerungen ebenfalls sehr aufgeschlossen.

 

Nach dem Verlassen der Realschule hatte ich dann nur noch wenig Kontakt zu Albrecht Belz. Später bin ich dann auch Lehrer geworden. Wenn in der Ausbildung die Rede von anschaulichem Unterricht, originaler Begegnung oder handlungsorientiertem Unterricht war, wusste ich sehr genau, was damit gemeint war.

Jahrzehnte später habe ich, als ich selbst Lehrer ausbilden durfte, diese in mir gewachsene Vorstellung von gutem Unterricht versucht weiter zu vermitteln. Guter Unterricht geschieht dann, wenn der Lehrer für die  Sache brennt, der Funke auf die Schüler überspringt und ein Feuer der Begeisterung entfacht wird.

 

Albrecht Belz, ich verdanke dir viel.

 

Lothar Bode

 

Alte Poststr. 8

 

46519 Alpen

Januar 2018