Sie gehören zu den größten, schönsten und schnellsten Insekten unserer Heimat. Wer kennt sie nicht aus Tümpeln, Weihern oder gar dem eigenen Gartenteich. Hermann Löns nannte sie poetisch "Sommerboten und Sonnenkünder", weil sie wie unsere Tagfalter erst an warmen Sonnentagen bis in den Herbst ab 16 - 18 °C richtig aktiv werden. Bei der Jagd können sie auch weit abseits von Gewässern entlang von Waldwegen oder in Auenwiesen angetroffen werden. Obwohl Libellen allgemein zwar sehr bekannt sind, gilt dies nicht gleichermaßen für die einzelnen Arten, ihre Ansprache, Unterscheidung oder deren Biologie und Lebensraumansprüche.
Libellen-Männchen sind ausgesprochene "Machos". Jedes umherfliegende Weibchen wird sofort vom Männchen, das temporäre Territorien bildet, ergriffen, es bildet sich ein im Insektenreich einmaliges "Paarungsrad"; etliche Kleinlibellen bilden dieses Tandem auch bei der Eiablage, bei vielen Arten der Großlibellen wird das eiablegende Weibchen vom Männchen bewacht und gegen Konkurrenten und stärkere Großlibellen verteidigt.
Das Paarungsrad der Azurjungfer
(Foto: Schween-Ante, NABU)
Zwar legen Kleinlibellen ihre Eier in Pflanzenteile, die sie mit dem Legebohrer anstechen, aber Menschen werden zur Verteidigung höchstens gebissen. Libellen sind räuberische Insekten, sowohl als
Larven und erst recht als voll entwickeltes, flugfähiges Insekt. Da sie bei der Regulation vieler lästiger Wasserinsekten helfen, wie z.B. den Stechmücken im Gartenteich, sind sie zudem sehr
nützlich. Ihre beißenden Mundwerkzeuge können deutlich spürbar werden, weshalb auch kaum jemand freiwillig eine Libelle unvorsichtig in die Hand nimmt. Siebenstecher, die mit sieben Stichen ein
Pferd töten können, wie es der Volksmund unterstellt, sind es damit aber noch nicht.
Ganz wenig war bislang über unsere, d.h. im Kreis Siegen-Wittgenstein vorkommenden oder nachgewiesenen 35 Arten bekannt, landesweit sind es in NRW immerhin 66 Arten. Darunter befinden sich solche, die als Larve mehrjährig in sauberen Quellen oder Fließgewässern leben können wie auch ausgesprochene ,,Zugvögel", die aus Süddeutschland, andere sogar aus dem Mittelmeerraum periodisch zugeflogen kommen. Hierzu gehören auch einige Neunachweise oder Wiederfunde im Kreisgebiet und teilweise in NRW, wie z.B. die Frühe Heidelibelle und erst jüngst der Südliche Blaupfeil. Nachdem viele Gewässer wieder deutlich sauberer geworden sind, konnten schon verschollen geglaubte Fließgewässerbesiedler an der Eder wie die Kleine Zangenlibelle sogar für NRW wiederentdeckt werden.
A. Belz und M. Fuhrmann vom NABU haben die Aufgabe übernommen, vorliegende Daten zahlreicher Beobachter und eigene Libellen-Beobachtungen, z.T. über zwei Jahrzehnte gesammelt, auszuwerten und zusammenzustellen. Im Band 6 der Schriftenreihe der Biologischen Station Rothaargebirge mit dem Naturschutzbund (NABU) ,,Beiträge zur Kenntnis der Tier- und Pflanzenwelt im Kreis Siegen-Wittgenstein" werden vorliegende Ergebnisse nun auch der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Hier sei angemerkt, dass dieser Libellen-Band, obwohl 33 von 35 Arten mit Foto dargestellt werden, an sich noch nicht zur Bestimmung ausreicht, hierfür ist z.B. der allgemeine Naturführer ,,Libellen beobachten, bestimmen" von Heiko Bellmann, Neumann-Neudamm-Verlag, erforderlich.
Wer jedoch als junger Naturforscher, Naturinteressierter oder ökologischer Gutachter, Naturkundelehrer oder auch Heimatfreund die Libellen des Kreises kennen lernen oder eigene Libellenfunde beurteilen will, für den ist das Büchlein ein ,,Muss", gibt es doch bislang nichts Vergleichbares. Für die reiche und gut bebilderte Ausstattung danken wir den Bildautoren sowie der Druckerei Kay in Kreuztal, die ihr Können wieder unter Beweis gestellt hat und zudem noch sehr preisgünstig.
Peter Fasel, Biologische Station Rothaargebirge
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und die Biologische Station Rothaargebirge geben im Selbstverlag die Schriftenreihe "Beiträge zur Tier- und Pflanzenwelt des Kreises Siegen-Wittgenstein" heraus.Der vorliegende Band ist den Libellen gewidmet.
Eine Plattbauchlibelle (Foto: Albrecht Belz)
Erstmals wird auf Kreisebene diese interessante Insektengruppe mit 35 bislang nachgewiesenen Arten (landesweit in NRW 66 Arten) dargestellt. 33 Arten werden mit Farbfotos abgebildet, viele stammen von Arnold Irle. Hinzu kommen Abbildungen ihrer Lebensräume und Übersichtskarten zu den Fließgewässern, zur Geologie, den Tagesmittel der Lufttemperatur in der Vegetationszeit und eine Höhenschichtenkarte. Für 34 Arten wurden Verbreitungskarten auf Viertelquadrantenbasis und für 20 Arten auch Flugzeit-Diagramme erstellt.
Hunderte von Kleingewässern wurden vor allem vom Erstautor in 20 Jahren Feldarbeit immer wieder aufgesucht, zunächst im Rahmen der westfälischen Erfassung der Amphibien. Die Bestimmung erfolgte oft unter Zuhilfenahme eines Monokulars bzw. Fernglases. Bei Smaragdlibellen, zahlreichen Heidelibellen und Mosaikjungfern mußte dann doch ein Netz helfen. Seit Mitte der 90er Jahre wurden zum Nachweis der Bodenständigkeit verstärkt Larvenhäute, so genannte Exuvien geschlüpfter Imagines gesammelt. Die Belegsammlung der Exuvien befindet sich in der Biol. Station in Erndtebrück. 34 Verbreitungskarten, unterlegt mit Höhenstufen und Gewässern, unterscheiden zwischen aktueller Verbreitung und älteren Angaben (Funde bis 1986). Hinweise zur Bodenständigkeit finden sich im Text. Durch die Suche der Exuvien konnte bei 29 von 35 Arten Bodenständigkeit sicher nachgewiesen werden. Für die häufigeren Arten wurden Flugzeitdiagramme bzw. Phänogramme erstellt. Nachweise der Gebänderten Heidelibelle, Großen Moosjungfer und Herbst-Mosaikjungfer waren nur in einzelnen Jahren möglich. Frühe Heidelibelle und Südlicher Blaupfeil sind Neunachweise oder Wiederfunde im Kreisgebiet bzw. in NRW. Gestiegene Wasserqualität auch in der Eder hat zur Ansiedlung der Kleinen Zangenlibelle, einer landesweit verschollen geglaubten Fließgewässerart geführt. Neben Nachweisen durch die Autoren selbst wurden vorliegende Daten zahlreicher weiterer Beobachter ausgewertet und einbezogen.
Wer als Naturinteressierter oder ökologischer Gutachter, Naturkundelehrer oder auch Heimatfreund die Libellen des Kreises kennen lernen oder eigene Libellenfunde aus den Nachbarräumen beurteilen will, für den ist das Büchlein ein "Muss", gibt es doch bislang auch aus den Nachbarkreisen nichts Vergleichbares.
Peter Fasel, wissenschaftlicher Leiter der Biologischen Station Rothaargebirge
Belz, A. & M. Fuhrmann (2000): Libellen des Kreises Siegen-Wittgenstein.- In: Beiträge zur Tier- und Pflanzenwelt des Kreises Siegen-Wittgenstein, Bd. 6. Kreuztal, 82 S., 46 Abb., 34 Verbreitungskarten, 20 Phänogramme, 4 Karten